NS-Propaganda-Film "Kolberg"

Goebbels Kriegspropaganda und Harlans Film „Kolberg“
Veranstaltung des Arbeitskreises Zwingenberger Synagoge: Vorführung mit fachkundiger Einführung und Diskussion

Der Januar 1943 bedeutet für die deutsche Wehrmacht den entscheidenden Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg: Die Schlacht um Stalingrad war verloren. Zweifel am „Endsieg“ verstärkten sich in der deutschen Bevölkerung. Dem wollte der „Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda“ Joseph Goebbels auch mit dem kriegsverherrlichenden Spielfilm „Kolberg“ entgegenwirken. Der Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge zeigte diesen Film am 8. Februar (Donnerstag) um 19 Uhr im Saal des Alten Amtsgerichts Zwingenberg, Obertor 1. Arndt Klingelhöfer vom Institut für Kino und Filmkultur, Wiesbaden, führte in den Film ein und leitete anschließend die Diskussion.

Der Film „Kolberg“ erzählt – allerdings zu propagandistischen Zwecken stark abgewandelt – von der erfolgreichen Verteidigung der gleichnamigen, damals pommerschen, heutigen polnischen Stadt gegen Napoleons Truppen im Jahr 1806. Die Bürger widersetzen sich der Forderung, die Festungsanlagen der gigantischen Übermacht der Franzosen kampflos zu überlassen. Kolbergs Anführer gaben die Parole aus: „Lieber unter den Trümmern begraben als kapitulieren!“ Das passte in Goebbels Propaganda wie seinem Aufruf zum „Totalen Krieg“ im Berliner Sportpalast im Februar 1943. Das deutsche Volk sollte massiv durch Rundfunk, Presse und Film zu Durchhaltewille und „Entschlossenheit zum Sieg“ animiert werden – aber auch durch den von ihm im Juni 1943 in Auftrag gegebenen Film „Kolberg“.

Engagiert wurde Goebbels Star-Regisseur Veit Harlan, der 1940 bereits den antisemitischen Erfolgsfilm „Jud Süß“ gedreht hatte – Goebbels: „Aufgabe dieses Films soll es sein, zu zeigen, dass ein in Heimat und Front geeintes Volk jeden Gegner überwindet.“ Der UFA-Farbfilm „Kolberg“ wurde mit 8,8 Millionen Reichsmark und einer Drehzeit von über neun Monaten der teuerste und aufwändigste Propagandafilm des NS-Regimes. In den Hauptrollen agierten die berühmten und beliebten Schauspieler Heinrich George, Kristina Söderbaum, Horst Kaspar und Paul Wegener. Die Premiere fand zeitgleich am 30. Januar 1945 im Berliner Tauentzienpalast und vor deutschen Soldaten in der eingeschlossenen Atlantikfestung La Rochelle statt. Danach fand der Film nur wenig Interesse beim deutschen Publikum – die meisten glaubten nicht mehr an den „Endsieg“.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Propagandafilm „Kolberg“ verboten; die Auswertungsrechte liegen bei der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Wiesbaden. Die Vorführung dieses Films ist nur im Rahmen einer Bildungsveranstaltung erlaubt, wie sie vom Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge am 8. Februar angeboten wurde. Die Murnau-Stiftung betreibt das Deutsche Filmhaus in Wiesbaden, in dem auch das Institut für Kino und Filmkultur angesiedelt ist. Referenten dieses Instituts gelten als ausgewiesene Kenner der Nazi-Propagandafilme; sie sind deutschlandweit unterwegs, um diese Filme mit einem interessierten Publikum zu analysieren.
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