Hommage an Anna Seghers

Markante Szenen bei Anna Seghers
Lesung zum 25. Todestag mit der Literaturwissenschaftlerin Dr. Monika Melchert, Berlin

Ein Einreisevisum in die USA bekam Anna Seghers nicht. Und doch war es das Land, von wo aus ihr antifaschistischer Roman „Das siebte Kreuz“ zum Welterfolg wurde.
Anna Seghers stammt bekanntlich aus Mainz; ihr Großvater, David Reiling, war dorthin aus Auerbach ausgewandert, sein Stiefbruder Anschel Reiling gründete am Bensheimer Marktplatz ein „Manufactur-Waren- und Confections-Geschäft“, das während des Nazi-Regimes von Blüm & Krämer übernommen wurde.
Viele verbinden mit dem Namen Anna Seghers nur dieses Werk über den Ausbruch der sieben Häftlinge aus dem KZ Westhofen (gemeint ist Osthofen in Rheinhessen) und sei es auch nur in der beeindruckenden Hollywood-Verfilmung mit Spencer Tracy in der Hauptrolle. Doch Anna Seghers hat über einen Zeitraum von rund sechzig Jahren unendlich viel Verschiedenartiges veröffentlicht – Märchen, Fantasie-Erzählungen, Hörspiele, Liebesgeschichten und Essays, Romane sowieso.
Daraus hat Dr. Monika Melchert ein kleines Kaleidoskop zusammengefügt: „Mit Kafka im Cafe – die schönsten Szenen bei Anna Seghers“. Das Buch, von der Verfasserin als „Leseverführer“ gedacht, erschien 2006 im Trafo-Verlag in Berlin (201 Seiten).

Auf der Veranstaltung anlässlich des 25. Todestages von Anna Seghers am 10. April in der Auerbacher Synagoge wird Monika Melchert, langjährige Mitarbeiterin der Anna-Seghers-Gedenkstätte in Berlin-Adlershof und der Brecht-Weigel-Gedenkstätte der Akademie der Künste Berlin, ihr Buch vorstellen. Schülerinnen und Schüler der Oberstufe der Bensheimer Geschwister-Scholl-Schule tragen aus dem Buch markante Passagen aus bekannten und weniger bekannten Werken vor (u.a. „Post ins Gelobte Land“, „Der Ausflug der toten Mädchen“). Dr. Monika Melchert, Literaturwissenschaftlerin und Seghers-Expertin, wird diese kommentieren und vor allem auch selbst aus ihrem Buch lesen.
Zu Beginn wird sie auf die wichtigsten Stationen im Leben der international wohl bekanntesten Autorin der Exilliteratur eingehen: von der jungen Nachwuchs-Preisträgerin Netty Reiling alias „Seghers“ in der Weimarer Republik zur weltberühmten Anklägerin des Nazi-Regimes im mexikanischen Exil bis zur hoch geehrten Preisträgerin der DDR, aber auch Ehrenbürgerin ihrer Geburtsstadt Mainz.
Am Schluss wird es Gelegenheit geben für Nachfragen und Diskussion.

Die Veranstaltung wird gemeinsam organisiert von der Geschichtswerkstatt Jakob Kindinger, Bensheim, dem Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge und dem Auerbacher Synagogenverein. Sie wird unterstützt von zahlreichen anderen Organisationen, u.a. der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW ) Kreisvorstand Bergstraße, dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Kreisvorstand Bergstraße und der Initiative gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, Heppenheim.

i Lesung „Markante Szenen bei Anna Seghers“ mit der Literaturwissenschaftlerin Dr. Monika Melchert
Donnerstag, 10. April 2008, 19:30 Uhr – Ehemalige Synagoge Bensheim-Auerbach, Bachgasse 34

Artikel des Bergsträßer Anzeiger vom 14. April 2008

Mit Kafka und Anna Seghers im Café
Auerbacher Synagoge: Literaturwissenschaftlerin und Scholl-Schüler beschäftigten sich mit bekannter Autorin

Auerbach. Anna Seghers ist die Frau, die den meisten wohl durch ihren antifaschistischen Roman "Das siebte Kreuz" bekannt sein dürfte. Mit der Geschichte der sieben Häftlinge, die aus einem deutschen Konzentrationslager fliehen, gelangte Seghers zu weltweitem Erfolg und Ansehen.
Dass in der faszinierenden Autorin mehr steckt, als nur ein Exempel eben jener deutschen Exilliteratur, davon wusste die Berliner Literaturwissenschaftlerin Dr. Monika Melchert in der ehemaligen Synagoge in der Auerbacher Bachgasse zu berichten.
Melchert, die seit vielen Jahren als Mitarbeiterin der Anna-Seghers-Gedenkstätte in Berlin-Adlershof tätig ist, hat mit ihrem Buch "Mit Kafka im Café" einen, wie sie selbst sagt, "Lese-Verführer" geschaffen. Auf knapp 200 Seiten trug sie die schönsten, unverwechselbarsten, bekanntesten und unbekanntesten Werke Anna Seghers zusammen und lieferte an diesem Abend vor großem Publikum gleichwohl einen Querschnitt durch ihr eigenes Schaffen und das der Frau, deren Werke sie so bewundert.
Unterstützt wurde die Autorin dabei von Schülerinnen und Schülern der Bensheimer Geschwister-Scholl-Schule, die begleitend zur Lesung Passagen aus Erzählungen wie "Der Ausflug der toten Mädchen" oder "Wiederbegegnung" vortrugen.

Anna Seghers, die mit bürgerlichem Namen Netty Reiling hieß, war eine schillernde Person, die mit Fantasie und Wortgewandtheit märchenhafte Mythenerzählungen, nebulöse Sagen und ergreifende Prosa schuf, ihre Werke aber auch mit Erinnerungen, Symbolik und autobiographischen Zügen spickte. Nachdem Dr. Melchert einen Lebensabriss der Anna Seghers geboten hatte, führte sie die Zuhörer durch markante Szenen, die sie stets mit Informationen zur Autorin bereichern konnte.
Durch die Szenen schlängelte sich sowohl ein unverwechselbarer Ton, wie auch erzählerische Vielfältigkeit, stets aber etwas, dass man als symbolisch, zart und kraftvoll zugleich bezeichnen könnte. In "Das Versteck" wird der Leser beispielsweise in das exotische Haiti zur Zeit Kolumbus' entführt und nimmt teil am Schicksal Taoliinas, die aus der Gefangenschaft flieht und sich fortan den Rest ihres Lebens in einer Höhle verbirgt.
In Mexiko, dem ehemaligen Exilland Anna Seghers, spielt "Das wirkliche Blau" - die Geschichte von Benito, dem der Rohstoff für seine geliebte blaue Farbe ausgeht, die seine Keramiken unverwechselbar machen. Eine stark von mythischen und magischen Bildern durchdrungene Geschichte ist "Die Reisebegegnung", in der es zu einer Art literarischem Plausch zwischen drei großen Dichtern kommt.
Die abwechselnden Vorträge von Dr. Melchert und der Schüler lockerten die Veranstaltung angenehm auf. Die Autorin verstand es, gekonnt zwischen literarischer Hommage und Vorstellung ihres Buches zu pendeln und sorgte für viel Gesprächsstoff, dem sich auch Lehrerin Eva Petermann von der Geschwister-Scholl-Schule am Ende in der Diskussionsrunde annahm.
Der von der Geschichtswerkstatt Jakob Kindinger, dem Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge und dem Auerbacher Synagogenverein veranstaltete Abend präsentierte sich als erfolgreiche und interessante Veranstaltung. Und sicherlich wurden nicht wenige Besucher dazu verführt, sich demnächst selbst mit Kafka - und Anna Seghers - ins Café zu setzen. sb

Bergsträßer Anzeiger
14. April 2008

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Programm und Mitwirkende

Begrüßung: Peter E. Kalb, Geschichtswerkstatt Jakob Kindinger e.V.

Kurzportrait von Anna Seghers: Dr. Monika Melchert

Markante Szenen bei Anna Seghers (Teil 1)
- Die Reisebegegnung ( Dr. Monika Melchert)
- Die schönsten Sagen vom Räuber Wojnok
- Steinzeit
- Der Ausflug der toten Mädchen
- Das Versteck
- Das wirkliche Blau

PAUSE
(Gelegenheit, das Buch „Mit Kafka im Cafe - die schönsten Szenen bei Anna Seghers“ von Dr. Monika Melchert zu kaufen)

Markante Szenen bei Anna Seghers (Teil 2)
- Post ins Gelobte Land
- Wiederbegegnung
- Glauben an Irdisches (Dr. Monika Melchert)

Diskussionsleitung und Schlusswort: Eva Petermann, Geschwister-Scholl-Schule


Mitwirkende
Dr. Monika Melchert, Berlin
Leistungskurs Deutsch Jg. 12 ( Leitung Eva Petermann) der Geschwister-Scholl-Schule, Bensheim:
Andy Berg, Selina Eberhard, Ann Katrin Jourdan, Charlotte Koebe, Esther Krause, Verena Pohl, Rebecca Ruppert, Judith Schalich, Julia Stenzel, Annika Titz, Katrin Schäffer

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