IG Farben-Konzern

Der IG-Farben-Konzern: Kriegsindustrie und Massenmord
Arbeitskreis „Zwingenberger Synagoge“ lud am 9. September 2023 zum Besuch der ehemaligen Machtzentrale der IG Farben auf dem Campus Westend der Goethe-Universität ein.

Der IG-Farben-Konzern war auf mehrfache Weise in die Vernichtungsmaschinerie des Nazi-Regimes verstrickt, gelenkt wurden diese Aktivitäten aus der Frankfurter Verwaltungszentrale des Unternehmens. Bei einem zweistündigen Rundgang durch das Gebäude informierte Ulrike Jaspers-Kühnhold, stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises Zwingenberger Synagoge, über Details der Kooperation zwischen IG-Farben und Nazi-Staat.

Mit den IG-Farben entstand 1925 das größte Chemieunternehmen der Welt. Für dieses gigantische Unternehmen, zu dem u.a. Hoechst, Bayer, BASF und Agfa gehörten, entwarf der Architekt Hans Poelzig Ende der 1920er Jahre ein repräsentatives Verwaltungsgebäude in Frankfurt. Seit 2001 nutzten die Goethe-Universität und das Fritz-Bauer-Institut das Gebäude.

Im Zentrum der Veranstaltung stand die Zusammenarbeit des IG-Farben-Konzerns und des Nazi-Regimes, die mehrere Millionen Opfer unter Juden, Sinti und Roma sowie politisch Andersdenkenden forderte. So baute IG-Farben zusammen mit der SS ein eigenes Konzentrationslager in der Nähe von Auschwitz auf. Die Marburger Behringwerke, eine Tochter der IG-Farben, lieferten Fleckfieberimpfstoff an das Hygiene-Institut der Waffen-SS, der in medizinischen Experimenten – häufig mit tödlichem Ausgang – an KZ-Häftlingen in Buchenwald getestet wird. Und die Firma Degesch (Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung), an der IG-Farben mit mehr als 40 Prozent beteiligt war, produzierte Zyklon B, das allein in den Gaskammern von Auschwitz eine Million Menschen tötete.

Ab 1933 avancierte der IG-Farben-Konzern zu einem der Hauptgeldgeber der NSDAP; bis zum Kriegsende zahlte das Unternehmen fast 40 Mio. Reichsmark an Loyalitäts- und Bestechungsgelder an die verschiedenen Organisationen der Nazis – und damit deutlich mehr als die Schwerindustrie. Für Hitlers Kriegsmaschinerie gewann die chemische Industrie zunehmend an Bedeutung; besonders forciert wurde die Entwicklung von synthetischem Kautschuk und neuer Kraftstoffe, um von Import-Rohstoffen unabhängig zu werden.

Im Februar 1941 entschied der IG-Farben-Vorstand, nahe Auschwitz eine Buna-Kautschuk- und Treibstoff-Fabrik zu bauen – daneben errichtet die IG-Farben in Kooperation mit der SS das Konzentrationslager Buna/Monowitz (Auschwitz III). Zwischen 20.000 und 25.000 Menschen, die auf der Baustelle arbeiten mussten, kamen dort ums Leben. Einer der wenigen Überlebenden war Norbert Wollheim, seinen Namen trägt der Platz vor dem IG-Farben-Gebäude und ein Memorial für die Opfer.

Auch um die Zeit nach dem Krieg ging es bei dem Besuch im ehemaligen Hauptquartier der IG-Farben: Nur einige der wegen Kriegsverbrechen angeklagten Vorstände der IG-Farben wurden in den Nürnberger Prozessen zu Gefängnisstrafen verurteilt und bereits 1951 vom Hohen Kommissar der alliierten Siegermächte begnadigt. Die Alliierten sorgten zudem für die Zerschlagung des Konzerns in Einzelfirmen. Doch die „IG-Farben AG in Liquidation“ war noch bis 2012 an der Börse notiert. Zur unrühmlichen Geschichte dieses AG gibt es neue Forschungsergebnisse, auch diese stellte Ulrike Jaspers-Kühnhold kurz vor.
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