GESCHICHTE
1861 kauften die Zwingenberger Juden in der Altstadt das Haus „Am großen Berg 2“ und errichteten dort eine Synagoge – die Jahre zuvor benutzten sie gemeinsam mit den jüdischen Bürgern aus den nördlichen Nachbargemeinden die Synagoge in Alsbach. Nach einem kleinen Brand 1902 beschloss man, in der Wiesenstraße 5 eine neue, größere Synagoge zu bauen. Im September 1903 konnte sie eingeweiht werden. Neben dem Betsaal mit Frauenempore gab es eine Schulstube und zwei kleine Wohnungen, eine für den Lehrer, die andere für die nicht-jüdische Bedienstete, die am Sabbat („Schabbes“) die den orthodoxen Juden verbotenen Arbeiten verrichtete („Schabbesgoi“). Ein Frauenbad konnte nicht nachgewiesen werden.
Am Morgen des 10. November 1938 wollten die Nationalsozialisten die Synagoge niederbrennen. Zum einen verhinderten dies die Nachbarn, die Angst um ihre eigenen Gebäude hatten, zum anderen war zu diesem Zeitpunkt der kurz zuvor verstorbene Sohn der Schabbesgoi in der Wohnung seiner Mutter aufgebahrt. Inschriften und Embleme wurden allerdings in der Folgezeit zerstört. Am 11. November wurde der Verkauf der Synagoge für 6000 RM an Privat in der Lokalpresse veröffentlicht. Die Wohnungen wurden von den Käufern genutzt, der ehemalige Sakralteil wurde als Lagerhalle und später als Schuhfabrik vermietet.
Nach 1945 ging die Synagoge in den Besitz der Jewish Restitution Successor Organisation (JRSO) über. Die bisherigen Eigentümer mussten das Gebäude nochmals kaufen, wurden allerdings auch für den Kauf von 1938 entschädigt. Nach 1964 wurden an der bis dahin noch original erhaltenen Fassade erhebliche Veränderungen vorgenommen, durch die das Erscheinungsbild einer Synagoge getilgt wurde. Seitdem erinnern von außen nur noch der Davidstern an der Spitze der Ostfassade und die geschmiedete Menora (siebenarmiger Leuchter) in der Straßenpforte an die ursprüngliche Nutzung des Gebäudes. Im Gebäudeinneren gibt es noch vielfältige Spuren: Der Umriss des Thoraschreins, eine ultramarine Ausmalung des Thoraschreins mit goldenen Sternen, Spuren des Lesepults vor dem Schrein, das Tonnengewölbe des Synagogenraums, die Frauenempore mit jugendstilartig geschwungener Brüstung sowie eine farbenreiche Wandbemalung an verschiedenen Orten im Sakralteil.
Seit 1988 steht das Gebäude der ehemaligen Synagoge unter Denkmalschutz. Im Jahr 1999 hat sich der Verein „Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge e.V.“ gegründet. Langfristiges Ziel ist es, das Gebäude wieder eine Nutzung zuzuführen, die u.a. an die frühere jüdische Gemeinde Zwingenbergs und ihre Synagoge erinnert.