STOLPERSCHWELLE/STOLPERSTEINE ZWINGENBERG
Vor der ehemaligen zweiten Synagoge Zwingenbergs verlegte Gunter Demnig am 14. November 2022 eine Stolperschwelle mit dem Text "Hier 1903 erbaut - Die Synagoge der jüdischen Gemeinde Zwingenberg - 10. November 1938 geschändet - 1938/1939 verkauft".
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Am 3. Juli 2012 verlegte Gunter Demnig im Auftrag der Stadt Zwingenberg für 11 Opfer des Nationalsozialismus Stolpersteine vor deren ehemaligen Wohnungen.
Bericht des Bergsträßer Anzeigers vom 5. Juli 2012
Bericht in EchoOnline vom 10. Juli 2012
Diaschau: Klicken Sie das erste Bild an
Bilder: Michael Ränker, Zwingenberg (29); Wolfgang Müller, Auerbach (1), Petra Ziegler, Esselbach-Steinmark (1)
Pfarrer Christian Hilsberg von der evangelischen Kirchengemeinde Zwingenberg lud unseren Vorsitzenden, Dr. Fritz Kilthau, ein, zusammen ein kurzes Video mit Bezug zu den Stolpersteinen für die Opfer des Nationalsozialmus in Zwingenberg zu drehen; für die Aufnahme und die Produktion des Videos war Michael Ränker zuständig.
Das Video finden Sie hier.
DIE OPFER UND IHRE FRÜHEREN WOHNORTE:
Familie Wolf - Marktplatz 12
Amanda und Saly Wolf lebten am Marktplatz 12 – sie hatten ein Leder- und Schuhwarengeschäft. 1938. Kurz vor der Verwüstung ihrer Wohnung während der Reichspogromnacht zogen sie nach Darmstadt. Amanda und Saly Wolf wurden ins KZ Piaski / Lublin verschleppt. Tochter Ilse meint, dass sie ihren Vater Saly Wolf auf einem Foto wieder erkannt hatte, das im KZ Buchenwald nach der Befreiung 1945 aufgenommen worden war. Leider gibt es keine Dokumente im Archiv Buchenwald oder beim Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen, die einen Aufenthalt von Saly Wolf in Buchenwald bestätigen.
Ihr Sohn Arnold Wolf wurde auf seiner Flucht in die Schweiz gefangen genommen und nach Auschwitz verschleppt.
Vortrag bei Stolpersteinverlegung
Grußwort von Michael Ben-Eliezer, Sohn von Fritz Wolf, Enkel von Saly und Amanda Wolf und Neffe von Arnold Wolf
Familie Schack - Obergasse 3
Martha und Moritz Schack waren die letzten Juden in Zwingenberg; sie lebten in der Obergasse 3. In der Reichspogromnacht 1938 wurde ihre Wohnung verwüstet; Moritz Schack musste am selben Tag die Zwingenberger Synagoge an Privat verkaufen. Im Juni 1939 zogen sie nach Frankfurt/Main – sie dachten, sie seien dort sicherer. Martha starb – wohl durch eigene Hand – am 9. August 1941. Moritz Schack wurde 1942 ins Ghetto Theresienstadt verschleppt, von dort am 23. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert.
Vortrag bei Stolpersteinverlegung
Grußwort von Prof. Dr. Joan Haahr, Enkelin von Martha und Moritz Schack
Hans Gärtner - Obergasse 3
Hans Gärtner war bekennender Zeuge Jehovas - er lebte in der Obergasse 3, wo er auch sein Friseurgeschäft hatte. Nach Bespitzelung und Hausdurchsuchung wurde Hans Gärtner mehrfach zu Gefängnishaft verurteilt. 1937 wurde er wegen Nichterwiderung des sog. Hitler-Grußes erneut verhaftet und ins KZ Dachau gebracht, wo er am 26. April 1940 verhungerte.
Vortrag bei Stolpersteinverlegung
Clara und Jakob Wolf - Obergasse 5
Das Geschäft von Clara und Jakob Wolf aus der Obergasse 5 wurde während der Reichspogromnacht im November 1938 verwüstet. Nach Gefangennahme im KZ Dachau beschlossen sie, nach Paraguay zu emigrieren. Im April 1939 zogen sie nach Frankfurt. Von dort wurden sie nach Raasiku (Estland) deportiert und dort ermordet.
Vortrag bei Stolpersteinverlegung
Familie Wachenheimer - Pfarrhausgasse 1
Clothilde und Heinrich Wachenheimer versuchten 1938, den Nazis zu entfliehen; sie verkauften ihr Anwesen in der Pfarrhausgasse 1 und flohen mit Tochter Johanna und Schwiegersohn aus Lorsch, Siegmund Abraham, nach Frankreich. Clothilde starb 1942 auf der Flucht an einem Herzschlag. Die beiden Söhne Salomon (Sal) und Berthold konnten in die USA fliehen.
Vortrag bei Stolpersteinverlegung
Clara und Sally David - Alsbacher Straße 24/26
Clara und Sally David lebten in der Alsbacher Straße 24/26, verkauften Fette, Öl und Bindemittel. Im März 1937 wurde ihr Geschäft aufgelöst, sie zogen nach Darmstadt. Der Verschleppung in ein Konzentrationslager kam Sally David zuvor – er erhängte sich am 15. Juli 1940. Seine Frau Clara wurde vom Güterbahnhof Darmstadt aus nach Piaski-Lublin in Polen deportiert – es gibt keine weiteren Spuren von ihr.
Vortrag bei Stolpersteinverlegung
Quellen:
- Fritz Kilthau, „Mitten unter uns – Zwingenberg an der Bergstraße von 1933 bis 1945“, Sonderband 21 der Geschichtsblätter für den Kreis Bergstraße, Verlag Laurissa, Lorsch 2000
- Frau Michaela Rützel, Darmstadt
- Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933-1945, Bundesarchiv Koblenz
- Monica Kingreen, „Gewaltsam verschleppt aus Frankfurt – Die Deportationen der Juden in den Jahren 1941-1945“ in: „Nach der Kristallnacht“, Fritz-Bauer-Institut Band 17, 1999
Reinigung der Stolpersteine
Im Juli 2017 reinigten die Vorstandsmitglieder unseres Verein die Stolpersteine - im Laufe der Zeit waren sie dunkel angelaufen und nur sehr schwer in dem Pflaster auszumachen. Innerhalb kurzer Zeit war die Patina entfernt und die Steine leuchteten wieder in hellem Messinggelb. Nach dem Auftragen eines speziellen Metallschutzes hoffen wir jetzt, dass diese Putzaktion nicht allzu oft erfolgen muss.
Falls es notwendig sein wird, putzen wir die Stolpersteine natürlich auch weiterhin. Wer uns dabei unterstützen will - z.B. durch eine Patenschaft -, sollte sich mit uns in Verbindung setzen.