AUSSTELLUNG
MIGRATION IN SÜDHESSEN - Region Bergstraße-Odenwald
17. Jahrhundert bis 1945
Menschen haben seit jeher aus vielerlei Gründen ihre Heimat verlassen und sind in andere Orte und Länder gezogen:
Zum einen wollten oder mussten sie aus wirtschaftlichen Gründen dort eine neue Erwerbsgrundlage aufbauen, wo die Bedingungen besser waren oder zu sein schienen.
Andere mussten ihren bisherigen Lebensmittelpunkt aufgeben, weil sie aus politischen, religiösen oder rassischen Gründen verfolgt, ja mit dem Tode bedroht wurden.
Viele – insbesondere ein Großteil der jüdischen Bevölkerung in der NS-Zeit – wurden mit Gewalt aus ihrer Heimat verschleppt, ausgebeutet und ermordet.
Die Ausstellung möchte dazu beitragen, dass Verständnis für Migranten geweckt, Vorurteile abgebaut und Toleranz und Völkerverständigung gefördert werden. Sie will deshalb nicht nur die Tatsache häufiger Migrationsprozesse und deren Verläufe ins Bewusstsein heben, sondern auch Ursachen und Auswirkungen solcher Wanderungsströme aufzeigen.
Unser Vorstandsmitglied Doris Bonin-Müller: Als Nachfahrin von Waldensern trug sie deren Tracht bei der Ausstellung in Zwingenberg
Trotz ihres beträchtlichen Umfangs kann die Ausstellung nur einen eingeschränkten Überblick über die verschiedenen Migrantengruppen in oder aus Südhessen geben. Im Wesentlichen werden Migrationsbewegungen vom 17. Jahrhundert bis zum Ende des 2. Weltkrieges dargestellt. Migrationsprozesse seit 1945 sollen in einer späteren Erweiterung präsentiert werden.
Interessierte Gruppen und Institutionen können die Ausstellung als Ganzes oder in Teilen kostenlos ausleihen.
Inhaltliche Konzeption und Layout: Heribert Pauly (Jugenheim) und Dr. Fritz Kilthau (Zwingenberg)
Lektorat: Renate Kosterlitz (Zwingenberg), Johannes Kollmann (Jugenheim)
Anzahl der DIN A1-Tafeln insgesamt: 55
Anzahl der Tafeln der einzelnen Themen:
- Einführungstafeln: 2
- Kartoffeltyskere: 6
- Banatdeutsche: 7
- Deutsche Auswanderung im 19. Jahrhundert: 9
- Waldenser: 7
- Italienische Wanderarbeiter: 2
- Juden: 13
- Zwangsarbeiter: 8
- Ausblick: 1
Die Ausstellung kam zustande mit freundlicher Unterstützung durch die Stadt Zwingenberg, die Sparkasse Bensheim und des Landkreises Bergstraße.
Im Folgenden finden Sie ein kurze Beschreibung der einzelnen Themen der Ausstellung:
Kartoffeltyskere - Bergsträßer und Odenwälder in Dänemark
Man nennt sie Kartoffeltyskere (Kartoffeldeutsche), die Einwanderer, die um 1760 nach Jütland kamen, um die unwegsame Heide zu roden. Der dänische König hatte sie angeworben, aber die Arbeit war mühsam und der Ertrag nur mäßig, - bis sie sich auf die Kartoffel besannen!
Auswanderung ins Banat (18.Jh.) - ein Odenwälder Dorf in Rumänien
Im Jahr 1724 verließen etwa 50 Familien ihre alte Heimat an der Bergstraße und im Odenwald für immer. Sie zogen donauabwärts ins Banat, wo sie sich mühselig eine neue Existenz aufbauten und eine neue Heimat fanden. Es entstand das Odenwälder Dorf Guttenbrunn.
Massenauswanderung im 19. Jahrhundert
Heute würde man sie "Wirtschaftsflüchtlinge" nennen, die 5 Millionen Auswanderer, die im 19. Jahrhundert Deutschland für immer verließen, um in Übersee ein besseres Leben zu führen. Auch Tausende Bergsträßer und Odenwälder suchten ihr Glück in der Neuen Welt.
Italienische Wanderarbeiter an der Bergstraße um 1900
Sie blieben nur, bis die Arbeit getan war, dann zogen sie weiter zur nächsten Baustelle und im Winter wieder nach Italien.
Waldenser Einwanderer - von Savoyen in den Odenwald 1699
Waldenser: In Armut leben und das Evangelium verkündigen, - mehr wollten die Reformatoren im Südfrankreich des 12. Jahrhunderts nicht. Von der Amtskirche als Ketzer verurteilt, sahen sie sich häufig staatlicher Verfolgung ausgesetzt. Sie wurden immer wieder vertrieben und zu Tausenden umgebracht. Die letzten Überlebenden hat Ludwig XIV. im Jahr 1698 endgültig ausgewiesen.
Pogrome und Vertreibungen: Juden in Deutschland
Seit dem Mittelalter wurden die Juden der Brunnenvergiftung, des Hostienfrevels und der Tötung christlicher Kinder beschuldigt. Sozial ausgegrenzt fielen sie häufig Pogromen und Vertreibungen zum Opfer. Die Entstehung des jüdischen Friedhofs in Alsbach geht auf eine solche Vertreibung zurück.
Vertreibung und Ausrottung: Juden unter der NS-Diktatur
Rund die Hälfte aller deutschen Juden verließen nach 1933 ihre Heimat, weil die NS-Machthaber sie systematisch ihrer Rechte, ihres Eigentums und ihrer Existenzgrundlage beraubten. Die daheim Gebliebenen wurden in die Vernichtungslager im Osten deportiert und umgebracht.
Zwangsarbeiter im "Dritten Reich"
Es waren 12-13 Millionen Menschen aus ganz Europa, die für Nazideutschland zur Zwangsarbeit verschleppt wurden. Allein in Deutschland hielten über 7 Millionen Zwangsarbeiter-Innen die Wirtschaft und die Kriegsproduktion am Laufen, davon in Hessen ca. 130 000.
Zusätzlich zu den Informationen der Ausstellungstafeln werden in vier Kästen Zusatzinformationen auf DIN A4-Tafeln angeboten - Dokumente und Aussagen von betroffenen Auswanderern.
Bildquellen:
O Dorfansicht von Guttenbrunn in: Emil Maenner, „Odenwälder im Banat“, Weinheim 1934, S.8
O Italienische Wanderarbeiter in: Dieter Blüm / Martin Hellriegel, „Bensheim anno …“, Bensheim 1976, S.41 / Wolf-Dietrich Riebel, „Zwingenberg a.d.B. - Bilder, Gedichte und Berichte aus vergangenen Tagen“, Band II, S.45 / Hans-Günther Morr, „Bergbau und Industrie im Überwald – Erzbergwerk Grube ‚Aussicht’ “, Horb 1993, S.65
O Waldenser: Gedenktafel mit Gründerfamilien: Sieglinde Pauly, Seeheim-Jugenheim
Bild des Landgrafen Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt: Wikipedia Commons - File: Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt.jpg (Gemälde aus der Werkstatt von Johann Christian Fiedler (1697-1765))
O Judenverbrennung – Holzschnitt aus Hartmann Schedels “Nürnberger Chronik” von 1493 (www.hagalil.com)
O Judenverfolgung in der NS-Zeit: Bild von Clara und Sally David in: Jutta Reuss/Dorothee Hoppe, „Stolpersteine in Darmstadt“, Darmstadt 2013, S. 68 /
Übrige Bilder/Dokument in: Fritz Kilthau, „Mitten unter uns - Zwingenberg an der Bergstraße von 1933 bis 1945“, Heppenheim 2000
O Zwangsarbeiter: Gemälde von A. Tassos: „Die Razzia von Kokkinia“ und Stadtplan Bensheim-Auerbach mit Markthalle und Marmoritwerk Hochstätten, in: Johannes Krämer, „ … und dass wir acht geben auf die nächste Generation – Geschichte der griechischen Zwangsarbeiter in Bensheim-Auerbach“, Bensheim 2008
O Verzeichnis der bei dem Finanzamt Darmstadt-Stadt gelagerten Kunstgegenstände aus dem Vermögen der Ende September 1942 aus Darmstadt abgeschobenen Juden, in: „Legalisierter Raub - der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933-1945“, Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen 2002, S.30
AUSSTELLUNG IN DER ZWINGENBERGER REMISE (15.2.-3.3.2013)
Einen Bericht des Bergsträßer Anzeiger vom 19. Februar 2013 über die Ausstellung in Zwingenberg finden Sie hier. Nachfolgend Bilder von dieser Präsentation in Zwingenberg:
AUSSTELLUNG IM LANDRATSAMT HEPPENHEIM (13.1.-7.2.2014)
Einen Bericht des Bergsträßer Anzeiger vom 15. Januar 2014 über die Ausstellung in Heppenheim finden Sie hier. Nachfolgend Bilder von dieser Präsentation: