Theodolinde Katharina Katzenmaier
Am 27. Januar wird Herr Rembert Boese um 19:00 Uhr im evangelischen Pfarrzentrum in Zwingenberg über Schwester Theodolinde Katharina Katzenmaier referieren. Herr Boese hat an der Biografie über Schwester Theodolinde „Aus der KZ- Hölle in den Einsatz für Christus und Menschenrechte. Zugänge zu Leben und Werk“, mitgearbeitet.
Wer war die am 24. April 1918 in Heppenheim als Katharina Katzenmaier geborene und in bürgerlichen Verhältnissen aufgewachsene Ordensschwester? Nach dem Besuch des Instituts der Englischen Fräulein (heute Liebfrauenschule) in Bensheim entschloss sie sich, in Freiburg ein Seminar für Seelsorge und Religionsunterricht zu absolvieren.
Am 21. Juli 1943 wurde sie in Püttlingen verhaftet. Man warf ihr vor, sie hätte im Unterricht Euthanasie als Mord bezeichnet, der vom Staat befohlen sei, und Zweifel am Endsieg Hitlers geäußert. In ihren Erinnerungen schrieb sie, die letzte Anschuldigung hätte sie mit Sicherheit im kirchlichen oder privaten Umfeld gesagt, nicht aber im Religionsunterricht, wohlwissend um die Gefährlichkeit dieser Aussage. Allein ihre Anstellung bei der Kirche wurde als Beweis staatsfeindlicher Gesinnung ausgelegt. Im Verhör sollte sie dazu bewegt werden, den kirchlichen Beruf aufzugeben und sich zum Nationalsozialismus zu bekennen. Sie blieb standhaft und wurde im Gefängnis in Saarbrücken interniert. Am 21. Oktober 1943 deportierte man sie von Saarbrücken in das KZ Ravensbrück. Als Gefangene Nr. 24295 arbeitete sie im Lager und in der Rüstungsindustrie. Sie erfuhr alle Schrecken des Konzentrationslagers: Hunger, Krankheit, Folter, Angst, Kälte, katastrophale sanitäre Zustände, Läuse, Wanzen, Flöhe und Kakerlaken – dem Tod näher als dem Leben. Ende April 1945 wurde das Lager aufgelöst und die Häftlinge auf den Todesmarsch in Richtung Westen gezwungen – wieder unter schwierigsten Bedingungen, ohne ausreichend Nahrung und Wasser. Die Ankunft Katharina Katzenmaiers in Heppenheim erfolgte nach fünf Monaten und 600 Kilometern Landstraße Mitte September 1945.
Schwester Theodolinde, wie sie nach dem Eintritt in den Orden der Benediktinerinnen hieß, hat von 1973 bis zu ihrem Tod im Jahr 2000 in Mannheim als Gemeindereferentin und Religionslehrerin gearbeitet und im Mannheimer Konvent der Lioba-Schwestern gelebt. Es wird der Frage nachgegangen, wie wurde aus dem „behüteten“ Mädchen und der jungen Frau aus katholischem Heppenheimer Milieu eine konsequente Hitlergegnerin, die um Haaresbreite mehrfach dem Tod im KZ Ravensbrück entging. Was hat sie geprägt und wie konnte sie den Mut zu einer konsequenten Kämpferin für Freiheit, Gerechtigkeit und körperlicher Unversehrtheit durchhalten und dem nationalsozialistischen Terrorsystem die Stirn zeigen?
Erst heute vermögen Menschen aus Staat und Gesellschaft die Bedeutung solcher wenig bekannten Frauen und Männer zu würdigen. Kirchenmänner tun sich bis heute schwer, den vielen Personen, die auch mit kleinen Widerstandsaktionen gegen Hitler gekämpft haben, die Anerkennung zu geben, die sie verdient haben.
Den Bericht "Widerstand mit Geist und ohne Gewalt" im Bergsträßer Anzeiger vom 30. Januar 2020 finden Sie unter https://www.morgenweb.de/bergstraesser-anzeiger_artikel,-zwingenberg-widerstand-mit-geist-und-ohne-gewalt-_arid,1594038.html.
zurück