NS-Propagandafilm "Hitlerjunge Quax"
„Hitlerjunge Quex“ – ein früher Propagandafilm der Nazis
Vorführung mit Diskussion im Alten Amtsgericht – Veranstaltung des „Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge“
Bereits 1933 veranlasste der „Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda“ Joseph Goebbels: Das deutsche Volk solle massiv durch Rundfunk, Presse und Film im Sinne des Nationalsozialismus beeinflusst werden. Zu dieser Propagandakampagne gehört auch der im September 1933 erstmals vorgeführte Film „Hitlerjunge Quex“ mit dem Untertitel „Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend“, der für die Hitlerjugend werben sollte. Der Verein „Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge“ zeigt die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Karl Aloys Schenzinger am 26. Oktober (Donnerstag) um 19 Uhr im Saal des Alten Amtsgerichts Zwingenberg. Horst Walther vom Institut für Kino und Filmkultur, Wiesbaden, wird in den Film einführen und anschließend die Diskussion leiten.
Der Film hatte ein reales Vorbild: Er nutzt die Biographie von Herbert Norkus, der im Januar 1932 von Kommunisten getötet worden war und später von den Nationalsozialisten – besonders von der Hitlerjugend – für seinen mutigen Einsatz als „Blutzeuge der Bewegung“ verehrt wurde. Aus Norkus wird im Film der Druckerlehrling Heini Völker. Der Sohn soll sich der Kommunistischen Jugendinternationale anschließen, wünscht der Vater, von dem bewusst verschwiegen wird, ob er selbst der SPD oder KPD angehört – so richtet sich die Propaganda gleich gegen beide Parteien. Heini nimmt zwar an einem Ausflug der kommunistischen „Kommune“ teil, erlebt die Gruppe aber als „liederlich“ mit „sexuellen Ausschweifungen“. Ganz anders die erste Begegnung mit der Hitlerjugend: Lagerfeuerromantik, Gemeinschaft, „ganze Kerle“ und alles, was nach Nazi-Klischees Jungen wie Heini anspricht; dort herrscht „Zucht und Ordnung“. Als die jungen Kommunisten einen Anschlag auf die Hitlerjugend planen, wird Heini von den „Kameraden“ der Hitlerjugend verdächtigt, daran beteiligt gewesen zu sein, was nicht stimmt. Aus Furcht vor Rache versucht die Mutter, sich und Heini mit Gas umzubringen. Heini überlebt und darf sich nun zur Hitlerjugend zählen. Am Ende – als er Wahlplakate für die NSDAP verteilt – wird er von den Kommunisten ermordet.
Der Film stand unter dem Protektorat des Reichsjugendführers Baldur von Schirach. So wundert es nicht, dass sich das vom ihm getextete Kampflied „Vorwärts! Vorwärts!“, das unter seinem Refrain „Unsere Fahne uns voran“ zur HJ-Hymne wurde, wie ein Leitmotiv durch den Film zieht. Hauptdarsteller sind der berühmte Heinrich George als Vater, Jürgen Ohlsen als Heini und Berta Drews als Heinis Mutter. Die Filmprüfstelle des Nazi-Regimes bezeichnet den Film als „künstlerisch besonders wertvoll“. Er fand allerdings nicht den vollen Zuspruch von Propaganda-Minister Joseph Goebels, nach dessen Urteil sei der Film zu durchsichtig. Er nahm dies zum Anlass, alsbald Anweisungen zu geben, wie die NS-Propaganda im Film subtiler umgesetzt werden solle.
Der Film wurde nach dem Zweiten Weltkrieg verboten, die Auswertungsrechte liegen bei der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Wiesbaden. Die Vorführung dieses Films ist nur im Rahmen einer Bildungsveranstaltung erlaubt, wie sie vom „Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge“ am 26. Oktober organisiert wird. Die Murnau-Stiftung betreibt das Deutsche Filmhaus in Wiesbaden, wo auch das Institut für Kino und Filmkultur angesiedelt ist. Horst Walther, Gründungsdirektor dieses Instituts, gilt als ausgewiesener Kenner der Nazi-Propagandafilme; er ist deutschlandweit unterwegs, um diese Filme mit einem interessierten Publikum zu analysieren.
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