Kriegsende März 1945

Bildvortrag: Das Kriegsende 1945 in Zwingenberg und Umgebung
Donnerstag, 23. September 2021, 19 Uhr
Saal des Alten Amtsgerichts
Veranstaltung des Arbeitskreises Zwingenberger Synagoge

26./27. März 1945: Deutsche Soldaten wollten im hessischen Ried, an der Bergstraße und im Odenwald die vorrückende US-Armee in einer für die Wehrmacht aussichtslosen Situation aufhalten. Die Amerikaner zerstörten mit Bomben und Granaten Gefechtsstellungen und in der Umgebung liegende Häuser. Tiefflieger griffen an. Die Menschen hatten große Angst, flüchteten, versteckten sich. Einige wollten sich ergeben, wurden aber von fanatischen Nationalsozialisten bedroht. Viele Menschen wurden getötet und verwundet.

Die Veranstaltung begann mit einem Bildvortrag von Dr. Fritz Kilthau: Zunächst berichtete Kilthau vom Rheinübergang der US-Amerikaner (ergänzt wurde der Bericht durch einen kurzen, von den Amerikanern gedrehten Film) und der Eroberung einiger Orte im Ried und an der Bergstraße. Schwerpunkte waren neben Zwingenberg Einhausen, Lorsch, Bensheim und Heppenheim. Die jeweiligen militärischen Situationen kamen ebenso zur Sprache wie die Schrecken dieser letzten Kriegstage mit Toten, Verletzten und Zerstörung der Ortschaften. Dazu zitierte Kilthau auch aus erschütternden Erzählungen von überwiegend jungen Augenzeugen. So berichtete ein Junge aus Einhausen von der Bombardierung seines Elternhauses: Während er mit seiner Familie im Keller Schutz suchte, schlug eine Bombe ein und zerstörte teilweise den Keller – acht Menschen, darunter Mutter, Großmutter und Bruder, kamen ums Leben. Von dem gebürtigen Bensheimer und späteren Fuldaer Oberbürgermeister Wolfgang Hamberger gibt es einen Bericht, wie er als Jugendlicher durch das brennende bombardierte Bensheim lief und noch am gleichen Tag mit seiner Familie und anderen Menschen Schutz in dem Marmorbergwerk in Hochstädten suchte. Auch von mutigen Menschen, die mit ihren nicht ungefährlichen Aktionen wie dem Entfernen von Panzersperren zu einem schnellen Ende des Krieges beitrugen, wurde in dem Vortrag gesprochen. Ein weiterer kurzer Film der US-Armee zeigt die Situation in Bensheim nach der Bombardierung und dem Einmarsch der US-Soldaten.

Zudem dokumentierte Kilthau einige Verbrechen, die bei Kriegsende von den Nationalsozialisten in unserer Gegend verübt wurden: Die Kornsand-Verbrechen, die Ermordung von zwölf Gestapo-Gefangenen am Bensheimer Kirchberg und von drei jungen Soldaten am Bensheimer Wasserwerk.

Kilthau las auch eine kurze Passage aus einem bemerkenswerten Zeitdokument vor: Mitglieder der Familie Calvelli-Adorno, die 1943 von Frankfurt nach Zwingenberg gezogen waren, haben Tagebuchaufzeichnungen hinterlassen, in denen sie von ihren Begegnungen mit den Zwingenbergern in den letzten Kriegsjahren berichten und schildern, wie sie das Kriegsende und den Einzug der Amerikaner erlebt haben.

Im März 1945 war der Krieg in unserer Region zu Ende und damit auch die Macht der Nationalsozialisten gebrochen. Kurze Zeit später wurde ganz Deutschland befreit. Damit ging die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten zu Ende, die politische Gegner und jüdische Bürger verfolgt und ermordet hatten. Die Bilanz des von den Nationalsozialisten ausgelösten Kriegs: Über 60 Millionen Tote, viele zerstörte Städte und Dörfer in Europa, besonders in Osteuropa.

Auch um den Neubeginn nach 1945 ging es an diesem Abend: Die Amerikaner suchten nach unbelasteten Antifaschisten, die sie beim Aufbau der Verwaltung einsetzen konnten, in sogenannten Spruchkammern wurden nationalsozialistische Funktionäre zur Rechenschaft gezogen. Weitverbreitet war in der Bevölkerung die Einstellung, mit der „dunklen“ NS-Zeit möglichst schnell abzuschließen und „nach vorne“ zu schauen. So war es möglich, dass ehemalige NS-Aktivisten schon bald nach Kriegsende rehabilitiert und oftmals einflussreiche Posten in Politik und Wirtschaft erlangen konnten.

Der Verein Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge hat all diese Informationen – auch die Tagebuchaufzeichnungen der Familie Calvelli-Adorno und zusätzlich die Schilderung der Befreiung weiterer Ortschaften wie Bürstadt, Lampertheim, Viernheim, Schwanheim, Lautertal und Gadernheim – in seiner Broschüre „Kriegsende 1945 – Zwingenberg an der Bergstraße und Umgebung“ zusammengestellt (64 Seiten, 15 Abbildungen). Dr. Fritz Kilthau, der Autor der Broschüre: „Die Geschehnisse der NS-Zeit sollten – insbesondere der jüngeren Generation – in all ihren Details erzählt werden. Gerade in Zeiten, in denen rechte Kräfte immer stärker bemüht sind, diesen Teil unserer Geschichte zu verharmlosen und zu verdrängen.“

Nach dem Vortrag lud der Verein "Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge e.V." zu seiner öffentlichen Jahreshauptversammlung ein.
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