Klez-Mär
KlezMär - ein Abend mit Klezmer-Musik und jüdisch-arabischen Erzählungen
Am Mittwoch, 11. Mai 2011, lädt der Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge e.V. zusammen mit der Stadtbücherei Zwingenberg zu einem arabisch-jüdischen Musik-Geschichten-Abend ein. Hildrun Wunsch aus Zwingenberg (Blockflötistin) und Anna Kuwertz aus Freiburg (Pianistin) spielen Stücke aus ihrem Klezmer-Programm. Angelika Graf (Leiterin der Stadtbücherei Zwingenberg) erzählt arabische und jüdische Geschichten.
Die Erzählerin und die beiden Musikerinnen binden einen bunten Strauss aus Musik und Geschichten, der durch die Welt jüdischer und arabischer Lebensszenen führt. So abwechslungsreich die Geschichten, so vielschichtig die Musik: ob pfiffig, ruhig, gegensätzlich, witzig oder nachdenklich- die drei Interpretinnen verweben die Geschichten und Klänge miteinander und zeichnen so einen Weg zum jüdischen Selbstverständnis mit dem charakteristischen Wechsel von Melancholie und Ausgelassenheit. Im Vordergrund des Abends steht die tiefe Lebensfreude, die charakteristischer Teil der jüdischen Kultur ist.
Märchen und Geschichten künden die Weisheit von Jahrhunderten, Jahrtausenden. Jedes Volk, jede Nation hat seine „Mär“, seine eigene Kunde. Dieser Wahrheit und diesen Weisheiten nachzuspüren hat sich Angelika Graf auf den Weg gemacht und gibt die Schätze mit Freuden weiter. Die Ausbildung zur Märchenerzählerin hat sie in Rastatt absolviert und ist seitdem in Ihrer Freizeit mit Märchen und Geschichten aus aller Herren Länder unterwegs.
Anna Kuwertz musiziert in verschiedenen Formationen besonders in Projekten, die das Thema „Menschwerdung“ angehen mit dem Auftrag, Musik als integrativen Bestandteil des menschlichen Erlebens zu verweben in Vortrags- und Seminarveranstaltungen. Als Rhythmikerin, Musikerin und Körpertherapeutin liegt ihr Arbeitsschwerpunkt auf dem Thema „Trauma und menschlich-künstlerische Entwicklung“.
Hildrun Wunsch nutzt mit ihren Blockflöten die gesamte Spannbreite von Renaissance bis zeitgenössischer Musik in Interpretationen von Monteverdi bis Piazzolla. Sie musiziert in ganz unterschiedlichen Besetzungen und bevorzugt thematische Konzerte wie beispielsweise musikalische Lesungen, in denen sie das gesamte Instrumentarium von Sopranino- bis Subbassblockflöte einsetzt. Zudem arbeitet sie als Pädagogin und lehrt Körperarbeit für Musiker.
In der Pause werden ein kleines orientalisches Buffet und Getränke angeboten.
Die Veranstaltung findet im Saal der katholischen Pfarrgemeinde Zwingenberg statt, beginnt um 20.00 Uhr und dauert ca. 1,5 Stunden.
Artikel des "Bergsträßer Anzeiger" vom 19. Mai 2011
Klezmer-Musik, Märchen und ein orientalischer Imbiss – der Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge bereitete dem zahlreich im Katholischen Pfarrzentrum erschienenen Publikum einen beeindruckenden Abend.
Von unserer Mitarbeiterin
Monika Hälker
ZWINGENBERG. Kunst im Dreiklang: Mit einem Blick in den Fernen Osten gestaltete der Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge zusammen mit der Stadtbücherei einen Abend, der fast alle Sinne ansprach.
Anna Kuwertz am Piano und Hildrun Wunsch, die die kleine, helle Sopranino ebenso versiert spielt wie die dunkle Sopran-Blockflöte, ließen mit Klezmer-Klängen aufhorchen. Angelika Graf, Leiterin der Bbibliothek und ausgebildete Märchenerzählerin, trug ohne Rückgriff auf die literarische Vorlage einige Märchen aus Tausendundeiner Nacht vor. Zum guten Schluss servierte der Verein Häppchen mit recht ungewöhnlichen Gewürzen, die einerseits die Geschmacksnerven wohltuend reizten und andererseits sehr gut mit dem Bergsträßer Wein harmonierten.
Überrascht von großer Resonanz
Der Vereinsvorsitzende Dr. Fritz Kilthau war überrascht von der großen Besucherzahl und erfreut über das große Lob des Publikums. Die Gäste waren von dem Parforceritt durch die fernöstliche Kultur begeistert. Die beiden Musikerinnen betraten mit ihrem Auftritt Neuland.
Denn wer das Wort Klezmer hört, denkt zunächst an den Klang der Klarinette. Vielerorts, vor allem in der russischen Variante, war die Violine die erste Wahl. Ihr hatten sich alle anderen Instrumente in Harmonie, Tempo und Rhythmik unterzuordnen. Den Klezmorin, die im Mittelalter durch die Lande zogen, hörte man gern zu, ihrem Lebensstil dagegen sagte man nicht viel Gutes nach. Im Rahmen des Konzerts konnten die Zuhörer unschwer nachvollziehen, welches Lebensgefühl die Musik ins „Schtetl“ brachte.
Nur getanzt wurde nicht
Der Klezmer kommt meist fröhlich daher, auf die Zuhörer wirkt er mitreißend. Kein Wunder, denn er war ursprünglich eine Tanzmusik. Bei der Veranstaltung im Katholischen Pfarrzentrum reichte allerdings der Platz nicht aus, um den dynamischen Melodienreigen auch in Bewegung umzusetzen. Die beiden Musikerinnen betteten den markanten Klezmerstil in einen spannenden Dialog zwischen Klavier und Blockflöten ein. Indem sie interpretatorische Spielräume nutzten, schufen sie zugleich einen stark vorantreibenden, von imposanten, gewaltigen Klängen getragenen Rhythmus. Die Finger rasten dabei wie im Flug über die Klaviaturen. Im Zweiviertel- oder Achtachtel-Takt, im Wechsel von Dur und Moll erzeugten die Interpretinnen eine atemberaubende Rasanz, die fesselnd und faszinierend wirkte.Die kontrastreiche, schnell dahin fließende Musik ist Ausdruck eines Lebensgefühls, das sich in den Extremen von tiefster Trauer bis größter Freude bewegt. Wer gern über den kulturellen Tellerrand hinaus schaut und musikalisches Neuland in bekannten Gewändern betritt, nahm die Herausforderung an. Hildrun Wunsch und Anna Kuwertz machten es den Zuhörern zudem leicht sich einzufühlen. Sie spielten nicht nur mit konzentrierter Hingabe, sondern auch mit einer großen Souveränität und Sicherheit. Das musikalische Entrée harmonierte bestens mit der fernöstlichen Literatur. Den Märchen aus Tausendundeiner Nacht liegt ein prickelnder Zauber zugrunde. Die Literaturgattung aus dem arabischen Kulturkreis, die das menschliche Miteinander thematisiert, weist zugleich eine gewisse Bodenständigkeit auf. Allerdings werden die Botschaften nicht direkt angesprochen, sondern in schöne Bilder und vielsagende Metaphern verpackt. Die – recht einfache – Aufgabe des Lesers bzw. Zuhörers bleibt die Entschlüsselung.
Nachdenklich und spannend
Angelika Graf ließ den fernöstlichen Märchen ihre einzigartige Aura. Ihren Vortrag etwa des jüdischen Märchens „Sich ein wenig bekleiden“ unterlegte sie mit einem sorgfältig dosierten, ausdrucksstarken Minen- und Gestenspiel. Das Märchen erzählt von der Wahrheit, die in einem tiefschwarzen Gewand traurig durchs Dorf läuft. Niemand will etwas von ihr wissen. Der Gegenspieler der Wahrheit ist das Märchen, das in zauberhaft bunten Farben gekleidet ist und der Fantasie der Menschen Türen und Tore öffnet. Das Volk findet deshalb auch großen Gefallen an dem Märchen. Die Geschichte endet damit, dass Wahrheit und Märchen sich kennenlernen und einträchtig durchs Dorf gehen. Angelika Graf verstand es, den Figuren Farbe und klare Konturen zu geben, indem sie etwa das personifizierte Märchen mit offenen Gesten und einem wachen Blick charakterisierte. Mit ihrer Stimmführung erzeugte sie Spannung. Mal ließ sie die Sätze sprudeln, dann wieder stockte der Erzählfluss. Die Zuhörer erhielten damit eine kleine Nachdenkpause, in der sie sich überlegen konnten,
wie die Geschichte weitergehen könnte. Mit ihrer Auswahl spannte sie einen weiten Bogen. Mal waren die Märchen jüdischer, dann arabischer, jüdisch-afghanischer oder jüdisch-polnischer Herkunft.
Auch das dritte Kulturgut kam bei den Gästen bestens an. Die kulinarischen Häppchen mit Zutaten wie Kichererbsen mit Sesampaste, Bohnenpaste mit Minze oder auch die schmackhaften Hackfleischbällchen ließen sich die Gäste auf der Zunge zergehen. Die auf typisch arabische Art gewürzten Köstlichkeiten fanden reißenden Absatz.
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