Zur Geschichte der Synagogen von Zwingenberg

Neue Broschüre zur Geschichte der beiden früheren Zwingenberger Synagogen erschienen

Eine Mappe mit alten Dokumenten war der Auslöser: Vor einiger Zeit übergab Frau Anneliese Hauck, die Enkelin des Architekten der letzten Zwingenberger Synagoge, Philipp Schuch, dem Vorsitzenden des Vereins „Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge“ eine Vielzahl interessanter Unterlagen. Zum einen waren dies die Original-Kostenvoranschläge zum Bau der Synagoge, zum anderen aber auch handschriftlich verfasste Vorschläge der damaligen jüdischen Gemeinde zur Einweihungsfeier im September 1903. Dass diese Papiere nicht einfach im Archiv des Vereins abgelegt werden sollten, war schnell beschlossen: Dr. Fritz Kilthau wollte in einer Broschüre über die früheren Synagogen einen Teil dieser Unterlagen zusammen mit neuen Informationen veröffentlichen.
Im Archiv der Stadt Zwingenberg fanden sich weitere interessante Dokumente; fündig wurde Dr. Kilthau auch in den Staatsarchiven Darmstadt und Wiesbaden sowie den Stadtarchiven von Offenbach und Darmstadt.

Etliche der in der Broschüre veröffentlichten Dokumente zeugen von der Geschichte der beiden ehemaligen Synagogen: Es wird von der Gründung einer eigenen Zwingenberger jüdischen Gemeinde 1858 berichtet – vorher gab es einen Zusammenschluss mit Juden der nördlichen Nachbargemeinden mit gemeinsamer Synagoge in Alsbach – und dem Kauf der ersten Synagoge in der Zwingenberger Altstadt 1861. Nach einem Brand 1902 beschloss die jüdische Gemeinde den Bau einer größeren Synagoge in der Wiesenstraße. Eingeweiht wurde sie am 11. September 1903, worüber auch jüdische Zeitungen berichteten. Dem Architekten Philipp Schuch ist ein eigenes Kapitel gewidmet – unter seiner Leitung wurde die zweite Synagoge in nur 107 Arbeitstagen erbaut.
In der Reichspogromnacht am 10. November 1938 wurde die Synagoge zwar beschädigt, aber nicht zerstört. Einen Tag später berichtete das Bergsträßer Anzeigeblatt vom Verkauf an Privat. Nach dem Krieg wurde die Synagoge zunächst von der amerikanischen Militärregierung beaufsichtigt und schließlich wurden die Eigentumsrechte an die JRSO (Jewish Restitution Successor Organisation) übertragen; die Aufgaben dieser Organisation werden in einem weiteren Kapitel erklärt. Die früheren Besitzer konnten die Synagoge danach wieder erwerben, wurden aber auch für den Kauf 1938 entschädigt.
Leider wurden 1964 an der Fassade der Synagoge gravierende Veränderungen vorgenommen, die vieles von dem ursprünglichen Aussehen zerstörten. Heute steht das Gebäude unter Denkmalschutz.

In seinem Vorwort schreibt Dr. Kilthau über die ehemalige Zwingenberger Synagoge und drei weitere noch erhaltene Synagogen-Gebäude im Kreis Bergstraße: „Den jüdischen Nachfahren sind sie heute wichtiger Ort der Erinnerung an ihre verfolgten und ermordeten Vorfahren, für uns Nichtjuden hoffentlich ein Mahnmal für die Gräueltaten der Nationalsozialisten an den jüdischen Bürgern unserer Gemeinden.“
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