Kriegsende 1945

Bei seiner Recherche für das Buch „Mitten unter uns - Zwingenberg an der Bergstraße von 1933 bis 1945“ bekam Dr. Fritz Kilthau Kontakt zu Mitgliedern der Familie Calvelli-Adorno, die im Sommer 1943 von Frankfurt/Main nach Zwingenberg gezogen waren. Dies waren Helene Calvelli-Adorno mit ihrem Ehemann Franz und Tochter Agathe; im Frühjahr 1945 kam noch Franz Calvelli-Adornos Vater Louis hinzu, dessen jüdische Frau im Februar 1945 ins KZ Theresienstadt deportiert worden war (Louis Calvelli-Adornos Neffe war übrigens der berühmte Philosoph, Soziologe und Musiktheoretiker Theodor W. Adorno).

Alle fanden in Zwingenberg Zuflucht bei der befreundeten Clementine Kühner, die ein kleines Häuschen an der Ecke Orbisstraße/Jugenheimer Straße bewohnte - dieses Häuschen wurde von der Familie Calvelli-Adorno wegen seiner außergewöhnlichen Dachform „Butterdos“ genannt - es steht heute noch.

Alle nach Zwingenberg gezogenen Mitglieder der Familie - selbst die 14-jährige Tochter Agathe - schrieben Tagebücher; besonders die Aufzeichnungen von Helene Calvelli-Adorno sind ein äußerst interessantes Dokument, das neben vielen Fakten über den Einzug der Amerikaner in Zwingenberg und das Verhalten der Zwingenberger sehr detailliert die Stimmung dieser letzten Tage des Nationalsozialismus beschreibt: Auf der einen Seite die Erleichterung der Nazigegner, dass die Schreckensherrschaft zu Ende ging, auf der anderen Seite die Zwingenberger, die dem nationalsozialistischen Regime verbunden waren und jetzt einer für sie schlimmen Zeit entgegensehen mussten.

Helene Calvelli-Adorno: „Diese Angst, diesen Terror wird nie jemand begreifen, der es nicht miterlebt hat. Nun sind seit gestern Nachmittag (27. März) die Amerikaner da, und dieser Spuk von Partei und Schrecken und Gräuel ist nun verschwunden. Man kann wieder „Guten Tag“ sagen und die Bonzen haben bleiche und erschreckte Gesichter! Oh, wie gönnt man ihnen das nach all dem Scheußlichen, was sie verbreitet und der Anmaßung und Unverschämtheit, die sie ausgeübt haben!“

Der Artikel enthält bedeutende Teile der Tagebücher der Familienmitglieder mit einer Einführung von Dr. Fritz Kilthau.

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