Jüdische Nachbarn - Rede mer mal Tacheles

Jüdische Nachbarn – Rede mer mal Tacheles

Liederabend im Saal des Alten Amtsgerichts – Veranstalter Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge e.V.

Der Liedermacher Jürgen Poth aus Spachbrücken bei Reinheim stellte am Donnerstag, 27. Oktober 2022, ab 19 Uhr im Saal des Alten Amtsgericht sein neues Musikprogramm vor: In „Jüdische Nachbarn – Rede mer mal Tacheles“ wird früheres jüdisches Leben in Deutschland in vielen Facetten darstellt. „Über das jüdische Leben wissen die meisten von uns oftmals nur etwas über die Zeit von 1933 bis 1945. Dass viele unserer Vorfahren über lange Zeit jüdische Nachbarn hatten, ist heute kaum jemandem bewusst. Die Mitbürger jüdischen Glaubens waren in die Dorfgemeinschaften gut integriert und fühlten sich als Deutsche“, so Poth. Als Beispiel ging Poth auf die Geschichte der Familie Schack in Zwingenberg ein – die Vorfahren von Moritz Schack, der als letzter Jude Zwingenberg 1939 verlassen musste, stammen aus Poths Nachbargemeinde Georgenhausen.

Mit seinen Liedern, die er zum Teil selbst getextet hat und die er mit Gitarre begleitet, beschrieb Poth unter anderem das Verhältnis zu Nachbarn und Obrigkeit und zeigte bedeutende kulturelle Einflüsse auf beispielsweise in Wissenschaft, Technik, Medizin und Musik, aber es ging auch um Antisemitismus, das Leben in der NS-Zeit und schließlich die Flucht und die Verfolgung. Sein Reportoire umfasst etwa 30 Lieder, aus denen er für Zwingenberg und seine jüdische Geschichte passende Lieder, Geschichten und Erläuterungen ausgewählt hatte. Jüdisches Leben gehört seit mindestens 1700 Jahren zu Deutschland und hat in dieser Zeit die Geschichte in vielen Bereichen beeinflusst – mit der Redensart „Rede mer mal Tacheles“ (Reden wir mal Klartext) erinnert Poth an den Einfluss vieler Worte aus dem Jiddischen auf die deutsche Sprache.

Über sein Musikprogramm schreibt Poth: „Mit erzählter Geschichte und gesungenen Geschichten öffne ich einen besonderen Kanal zu den Emotionen meiner Zuhörer und gebe den Juden in der Region wieder einen Namen und ein Gesicht. Ich will zeigen, wie jüdisches Leben unser Land an unzähligen Stellen mitgestaltet und mitgeprägt hat. Das Nebeneinander und Miteinander von Juden und Christen war und ist nicht immer ohne Spannungen oder ohne Ausgrenzung. Aber es war dennoch eine Zeit des Austausches, der Hoffnung und unhinterfragter Selbstverständlichkeiten. Nachbarschaft eben, gute und schlechte!“
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