Bildvortrag von Dena Rueb Romero

Flucht vor den Nazis ins Ausland – und war dann alles gut?
Die Tochter zweier Flüchtlinge referiert beim Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge

„Eine Familiengeschichte über Liebe, Trennung und Verlust“ – so hat Dena Rueb Romero, Hanover, New Hampshire (USA), ihr im vergangenen Jahr veröffentlichtes Buch betitelt. Darin berichtet sie über die ergreifende Geschichte ihrer Eltern Deta (Elisabeth) und Emil Rüb. Im Mai ist Dena Rueb Romero zu Besuch an der Bergstraße. Am 27. Mai (Dienstag) hält sie auf Einladung des Arbeitskreises Zwingenberger Synagoge einen Bildvortrag in deutscher Sprache. Beginn ist um 19 Uhr im Saal des Alten Amtsgerichts Zwingenberg, Obertor 1.
Alles begann wie überall auf der Welt: Ein junger Händler aus dem rheinhessischen Guntersblum lernte ein junges Kindermädchen aus Worms kennen und beide verliebten sich. Das Problem: Die Geschichte spielte in der NS-Zeit, und der junge Mann, Emil Rüb, war Jude, Deta Bickel evangelisch. Nach den Nürnberger Rassegesetzen von 1935 konnten sie sich nur noch heimlich treffen. Verborgen blieb ihre Beziehung allerdings nicht: Man drohte Deta, sie wegen „Rassenschande“ anzuzeigen. 1937 nahm sie deshalb eine Arbeitsstelle in England an. Emil, der sich mittlerweile zum Fotografen hatte ausbilden lassen, erhielt 1938 ein Visum zur Einreise in die USA. Und er versprach Deta bei seinem kurzen Zwischenaufenthalt in London, sie sobald als möglich zu sich zu holen.

Dena Rueb Romero hat jetzt ein sehr bewegendes Buch über die enormen Probleme geschrieben, die ihre Eltern nach ihrer Flucht aus Nazi-Deutschland erleben mussten. Emil kam im September 1938 in New York an. Er bewarb sich bei verschiedenen Stellen als Fotograf, erhielt aber meist Absagen oder lediglich kurzzeitige Anstellungen. Schließlich baute er sich unter äußerst schwierigen Bedingungen eine Existenz als Mitarbeiter, später dann als Teilhaber in einem Foto-Shop in Hanover, New Hampshire, auf. Gleichzeitig kümmerte er sich stetig darum, seinen noch in Deutschland lebenden Eltern und anderen Verwandten die Emigration in die USA zu ermöglichen. Er versuchte Bürgschaften für sie von amerikanischen Bürgern zu bekommen, aber auch Geld für ihre Überfahrt zu sammeln.

Hinzu kam seine große Sorge um seine Verlobte in England; seine Bemühungen, für Deta eine Ausreise in die USA zu erwirken, gestalteten sich mühsam und nervenaufreibend. Da er keine amerikanische Staatsangehörigkeit hatte, bestand auch immer die Gefahr, dass er als „feindlicher Deutscher" festgesetzt werden konnte. So geschah es dann allerdings Deta in England: Sie wurde 1940 für fast acht Monate auf der britischen Isle of Man interniert. Zweimal, 1943 und 1944, wurden Emils Anträge für ein amerikanisches Visum für Deta nach mündlicher Verhandlung vom Außenministerium abgelehnt. Deta und Emil schrieben sich regelmäßig ausführliche Briefe, denen sie Fotografien von sich beilegten. Immer wieder hofften sie auf ein baldiges Ende ihrer Trennung. Das sollte allerdings bis Februar 1946 dauern, erst dann konnten sich die beiden wieder in die Arme nehmen – siebeneinhalb lange Jahre nach ihrem kurzen Treffen in London.
Emil machte sich sein Leben lang Vorwürfe, dass er seine Eltern, seine schwangere Schwester und seinen Schwager nicht retten konnte. Sie wurden im November 1941 von Frankfurt ins Vernichtungslager Minsk deportiert.

Mit der Lebensgeschichte ihrer Eltern Emil und Deta hat Dena Rueb Romero aus der Perspektive der Nachgeborenen aufgezeichnet, welche Schwierigkeiten und Nöte emigrierte NS-Verfolgte durchmachen mussten. Dieses Buch ist ein Zeitzeugnis, das breite Beachtung verdient. Es kann bei der Veranstaltung erworben werden: Dena Rueb Romero „All for You – A World War II Family Memoir of Love, Separation and Loss“, She Writes Press 2024, ISBN 978-1-64742-654-5.

Dena Rueb Romereo befasst sich schon seit längerer Zeit mit der Geschichte ihrer Herkunftsfamilie. Bereits 2013 schrieb sie in ihrer Kurzgeschichte „The Letter“ über einen Brief, den ihr nichtjüdischer Großvater Jakob Bickel, der mittlerweile von Worms nach Heppenheim umgezogen war, 1947 an seine Tochter Deta schickte. In diesem Brief berichtete er, wie er während der Reichspogromnacht die Verfolgung von Denas früherem jüdischen Arbeitgeber Moritz Meyer in Worms erleben musste. Diese Geschichte und die deutsche Übersetzung „Der Brief“ wurden vom Verein „Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge“ 2013 veröffentlicht und können gleichfalls bei der Veranstaltung erworben werden.
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